Das heurige Brixner Herbstsymposion mit Konzerten steht unter dem Motto „Kulturelles Gedächtnis. Musik-Religion-Minderheiten“. Gedächtnis und Erinnerung greifen in alle Bereiche gesellschaftlichen Lebens ein, bestimmen unser zukünftiges Kulturerbe und beeinflussen damit die kollektiven, sozialen und ethnischen Identitäten. In der schnelllebigen Wohlstandsgesellschaft ist kaum Platz für eine Erinnerungskultur. Wie wichtig jedoch das kulturelle Erbe ist, erleben Minderheiten in Diktaturen, wenn versucht wird, ihnen zuallererst die Erinnerung zu rauben.
Außergewöhnliche Konzerte
Musik kann man sich ohne Gedächtnis und Erinnerung kaum vorstellen, so eng sind in ihr Vergangenheit und Gegenwart miteinander verflochten.
Der Pianist und Komponist Stefan Litwin wird am Freitag 8.10. die B-Dur-Klaviersonate von Franz Schubert spielen und in einem Lecture-Recital der Metaphorik von Heimat, Exil und Tod in diesem Werk nachgehen (9.10.). Schubert schaut vielleicht am tiefsten in unser Seelenleben hinein.
Im 19. Jahrhundert emanzipiert sich die Messe vom Rahmen der Liturgie und wird zu einer sakralen Symphonie im Sinne einer subjektiven Auseinandersetzung mit dem Glauben. Für Schubert gehört die As-Dur-Messe zu den Werken, die sein „Streben nach dem Höchsten in der Kunst“ belegen. Aufgeführt wird sie von namhaften Solisten, dem Kammerchor Stuttgart und der Hofkapelle Stuttgart unter der Leitung von Frieder Bernius (Bild).
Vorträge und Gottesdienst
Die deutschen Kulturwissenschaftler Aleida Assmann und Jan Assmann haben den Begriff „Kulturelles Gedächtnis“ geprägt. In ihrem Vortrag am 8.10. befasst sich Aleida Assmann mit unsichtbaren und sichtbaren Denkmälern, die als „Orte der Erinnerung“ neu interpretiert werden (müssen), und sie wird auf Themen wie Migration, Religion und Rassismus eingehen.
In einem Online-Gespräch von Aleida Assmann mit der Buchautorin und Aktivistin Kübra Gümüsay am 9.10. werden Rezepte und Perspektiven des demokratischen Zusammenlebens in einer vielschichtigen Gesellschaft entwickelt.
Für Jan Assmann gibt es auch ein „liturgisches Gedächtnis“, das schließlich ein beispielloses Entwicklungspotential der abendländischen Musik eröffnete: „Im Rahmen der Liturgie wird die Messe zum musikalischen Kunstwerk höchsten Ranges, der Ordinariumszyklus zum Libretto, die Musik steigt in den Rang der großen Künste auf“.
Der abschließende Gottesdienst am Sonntag 10.10. im Brixner Dom wird von RAI Südtirol im Hörfunk übertragen. Zelebrant ist Domdekan Ulrich Fistill, den musikalischen Teil gestalten der Pfarrchor Lüsen unter der Leitung von Verena Gruber und Franz Comploi an der Orgel.
Freitag 8.10. bis Sonntag 10.10.
Cusanus Akademie, Kirche des Priesterseminars und Dom Brixen
Reservierung und Kartenvorverkauf für die Konzerte: Tourismusbüro Brixen, T 0472 275252
Informationen: www.musikkirche.it
Im Bild: Kammerchor Hofkapelle Stuttgart Frieder Bernius