Die Vermittlung anatomischer Kenntnisse ist für alle MedizinerInnen essentiell. Am Institut für Klinisch-Funktionelle Anatomie der Medizin Uni Innsbruck absolvieren jährlich nicht nur rund 840 Studierende ihre Sezierkurse, seit 2023 haben darüber hinaus 2.000 Fachkräfte aus 30 Nationen an Fortbildungen teilgenommen. Institutsleiter Marko Konschake setzt zudem auf Digitalisierung und innovative Forschung – immer mit dem Ziel, die Behandlung von PatientInnen zu verbessern.
Phenolgeruch und Studierende, die eine/n KörperspenderIn sezieren – damit wird das Institut für Anatomie oft in Verbindung gebracht. Alle Medizinstudierenden müssen Sezierkurse belegen, rund 840 sind es pro Jahr. Die praxisnahe Lehre in der klinisch-funktionellen Anatomie startet schon im ersten Semester. „Natürlich ist die Lehre eine unserer zentralen Aufgaben“, erklärt Wolfgang Fleischhacker, Rektor der Medizinischen Universität Innsbruck im Rahmen eines Medienrundgangs am Institut für Klinisch-Funktionelle Anatomie in Innsbruck. „Forschung und Krankenversorgung gehören aber ebenso zu unseren Kernaufgaben. Das Institut ist dementsprechend in die fächerübergreifende patientenorientierte Forschung eingebunden und ist sowohl in der translationalen Forschung als auch in der Grundlagenforschung sehr aktiv,“ lobt der Rektor. Mit dem Anatomical Training Center Innsbruck (ATCI) hat die Medizinische Universität Innsbruck auch ein Alleinstellungsmerkmal in Österreich. Über 2.000 TeilnehmerInnen aus 30 Nationen haben seit 2023 das Aus- und Weiterbildungszentrum genutzt. „Wir arbeiten eng mit den Innsbrucker, aber auch mit internationalen Universitätskliniken und ExpertInnen aus ganz Europa und darüber hinaus zusammen“, erklärt Marko Konschake. Seit 2022 leitete er das Institut zunächst interimistisch, 2024 wurde er von Rektor Fleischhacker zum Professor für Klinisch-Funktionelle Anatomie berufen. Künftig wird neben Körperspenden auch vermehrt auf digitale Technik gesetzt. „Die Zukunft der anatomischen Lehre liegt in der Kombination des Studiums am menschlichen Körper unter Verwendung von digitalen Hilfsmitteln. Haptik per se lässt sich aber nicht am digitalen Seziertisch erfahren“, erklärt Konschake. Mit Projekten wie der Entwicklung von 3D-Augenlidern – das Institut für Anatomie in Innsbruck leitet hierzu eine Tiroler Forschungsallianz – will das Institut jedenfalls auch bei der Entwicklung neuer digitaler Möglichkeiten eine führende Rolle spielen.
Handchirurgie: TeilnehmerInnen aus der ganzen Welt lernen in Innsbruck
Neue Operationstechniken, Behandlungsmethoden oder Fähigkeiten: Auch nach dem Studium müssen ÄrztInnen lebenslang lernen und sich fortbilden. Einer der Kooperationspartner des Instituts für Anatomie ist die Innsbrucker Univ.-Klinik für Orthopädie und Traumatologie, die mit rund 120.000 PatientInnen pro Jahr und rund 460 MitarbeiterInnen eine der größten Kliniken am Standort ist. Ein wichtiger Bereich der von Rohit Arora geleiteten Klinik ist die Handchirurgie. Wie Kompressions-Syndrome, also Einengungen der Nerven wie zum Beispiel das Karpaltunnelsyndrom, mithilfe von Ultraschall-Einsatz minimalinvasiv behandelt werden können, lernen aktuell 35 TeilnehmerInnen im Rahmen des Workshops „Nervenkompressionssyndrome an der oberen Extremität. „Die Zusammenarbeit ist sehr etabliert, wir haben Präparate, an denen man sehr gut lernen und demonstrieren kann. An unseren Kursen, die wir jährlich mehrfach anbieten, nehmen daher Ärztinnen und Ärzte aus der ganzen Welt teil“, sagt Rohit Arora. „Die Patientinnen und Patienten profitieren von diesen Workshops jedenfalls, weil wir neue Methoden für eine sichere und bessere Therapie gut erlernen und weitergeben können.“
Histologisches Labor: Erforschung von menschlichem Gewebe auf Zellebene
Am Institut für Klinisch-Funktionelle Anatomie wird auch auf Zellebene an menschlichen Geweben geforscht. Im histologischen Labor untersuchen die ForscherInnen humanes Gewebe und führen molekularbiologische Analysen durch. Dafür werden kleine Proben von Körperspenden entnommen, im Labor entwässert und in Wachs eingebettet. Es entsteht ein Block, der mit einem speziellen Diamantmesser geschnitten wird. „Wir nennen das einen Histo-Schnitt“, erklärt Konschake. „Dieser Schnitt kann mit speziellen Lösungen eingefärbt werden und so wird unterschiedliches Gewebe sichtbar, wie Muskelzellen, Nervengewebe oder Immunzellen.“ Diese Methode kommt zum Beispiel zum Einsatz, um Altersschwerhörigkeit zu untersuchen. „An der Anatomie leitet Elisabeth Pechriggl hier die Forschungsgruppe in Kooperation mit der Univ.-Klinik für HNO und der Firma MED-EL. Ziel ist es, Ursachen besser zu verstehen und damit vielleicht das Voranschreiten des Hörverlustes reduzieren oder sogar stoppen zu können.“
Die Erkenntnisse aus dem histologischen Labor sollen auch dazu beitragen, den 3D-Druck von Präparaten zu ermöglichen und zu verbessern. „Wenn wir einzelne Organe und Körperteile künstlich und so realitätsnah wie möglich herstellen können, zum Beispiel für Forschungs- und Lehrzwecke, dann trägt das dazu bei, dass weniger Tierversuche notwendig sind“, sagt Konschake.
Über 1.000 BesucherInnen: Großes Interesse am Anatomischen Museum
Eine besondere Einrichtung ist auch das Anatomische Museum. Im öffentlich zugänglichen Bereich zählt es rund 1.200 Exponate. Die Ursprünge der anatomischen Sammlung gehen auf die Gründung des Lehrstuhls im Jahr 1689 zurück. Die Sammlung ist in ihrer Art und Darstellung einzigartig. Das Anatomische Museum mit seiner langen Geschichte ist bis heute sehr beliebt und ein Besuchermagnet bei Veranstaltungen, wie der Langen Nacht der Forschung. Heuer hat das Museum bereits mehr als 1.000 BesucherInnen gezählt. Während des Semesters ist das Museum donnerstags, von 15:30 Uhr bis 18:00 Uhr geöffnet. Führungen und ein Besuch sind auf Anfrage möglich. (Eintritt frei)
Kontakt: Romed Hörmann, romed.hoermann@i-med.ac.at
Foto, Romed Hörmann, Sammlungsbeauftragter, bei einer Führung durch das Anatomie Museum/c-MedUniIBK/ F. Lechner