Das Südtirol Jazzfestival 2024 hat den großen Erfolg des Vorjahres – trotz des unbeständigen Wetters – eindrucksvoll bestätigt. Viele Konzerte waren sehr gut besucht und auch die neuen Veranstaltungsorte fanden großen Anklang. So zum Beispiel in Meran: In der Kurstadt rockte” das Y-Otis Quartett um den schwedischen Saxophonisten Otis Sandsjö die Terrasse und den voll besetzten Garten des neuen Ost-West-Clubs, oder in Sterzing, wo die österreichische Supergroup” Shake Stew um den Bassisten Lukas Kranzelbinder das Publikum auf dem Stadtplatz in Hochstimmung versetzte.
Diese Vielseitigkeit – vom traditionellen Piano-Trio bis zum avantgardistischen Mix aus Jazz, Rock, Hip-Hop und elektronischer Musik – prägte bereits das Eröffnungskonzert im Quartier Rombrücke in Bozen. Wer startet ein Jazzfestival schon mit einer „Messe” in einer seit 50 Jahren ungenutzten Fabrikhalle? In Südtirol ist dieser stilistische und architektonische Spagat möglich und auch erwünscht: Maria Faust zelebrierte ihre berührende „Mass of Mary” in einem Betonbau, der mit seinen drei Längsräumen zu einem sakralen, dunkelrot ausgeleuchteten Klangambiente mutierte, und anschließend erzeugte die britische Band Hippo – wie eine Prog-Rock-Band der 90er Jahre – einen krachenden Fusion-Sound.
Über 50 Konzerte standen auf dem Programm des von Stefan Festini Cucco, Max von Pretz und Roberto Tubaro kuratierten Musikfestivals, das als Treffpunkt experimenteller und oft international noch unbekannter Bands seinem Ruf als „Festival für Entdeckerinnen und Entdecker” gerecht wurde. Wer wissen möchte, „was gerade musikalisch passiert“, bekommt hier „einen guten und breiten Überblick“, schreibt das britische Online-Portal UK Jazz News. In Südtirol präsentierten sich Musikerinnen und Musiker der jungen europäischen Szene „an den wohl ungewöhnlichsten Orten“ in Konzerten, die das Publikum mitunter auch herausforderten, was „an sich schon ein stimmiges Konzept“ sei. Es gebe viele Gründe, „warum das Südtirol Jazzfestival, dieses musikalisch-kulinarisch-touristisch-historisch-visuelle Gesamtpaket mit wechselnden Anteilen, für viele Festivalprofis der Favorit ist. Und warum so viele europäische Institutionen hier als ‘kulturelle Partner’ andocken”, stellt die deutsche Jazzzeitung fest.
Eines ist sicher: Das Südtirol Jazzfestival Alto Adige hat auch in diesem Jahr wieder Klangräume jenseits von Routine und Mainstream erkundet. So ist der Besuch der zumeist kostenfreien Konzerte
immer auch eine Abenteuerreise in unbekanntes Terrain: Man bricht auf, und wenn man angekommen ist und zuhört, traut man seinen Ohren nicht. Vielleicht ist gerade die Lust am Neuen, am Unerhörten und Überraschenden ein Grund für den Erfolg dieses international renommierten Musikfestivals.
Im Bild: die Band Bonbon Flamme spielte im „Base Camp“ in Bozen/© Günther Pichler